Ein Erlebnisbericht von Markus Grünter
Stichwort
: umlaufender Wind!
Ein
sonniger, frischer Tag auf dem Hochplateau in Oberhövels: frei nach der Devise
„früher Vogel fängt den Wurm“ trudeln schon die ersten Paraglidingschüler um 9
Uhr ein! Noch liegt ein ganz leichter Dunst über dem Tal und es tut gut, die
noch kühle Morgenluft tief einzuatmen !
Heute
haben wir die gesamte Palette aufgefahren, die die Ausstattung unserer
Flugschule hergibt: mind.10 Gleitschirme und Gurtzeuge, zig Helme,
Schleppklinken und Funkgeräte zu Hauf, - jede Schülerin und jeder Schüler findet
also die zu ihm passenden Utensilien!
Außerdem
bauen wir heute an einem so sonnigen Tag ein schickes großes Zelt auf, das den
nicht benutzten Ausrüstungsgegenständen (und uns) Schatten spendet, dazu aber
auch ein toller Eyecatcher ist! Dann noch zahlreiche selbst mitgebrachte
„Regie“-Stühle, Liegestühle und Picknickdecken, damit es auch in der Pausenzeit
ein relaxter Aufenthalt wird. Alles das wird idyllisch in die Landschaft
positioniert, zwischen dem Ziegengehege und alten Obstbäumen. Die uralten
Rieseneichen des naheliegenden Scheunencafés grüßen mit ihrem Rauschen von der
anderen Seite der schmalen Straße. Das Fliegercamp Oberhövels von
Paragliding-Westerwald ist fertig!
Sagte
ich „Rauschen“ ? Ja, schöner Klang, aber natürlich habe ich in dieser
Flugausbildung so langsam meine Wahrnehmung geändert: dieses Rauschen bedeutet wahrscheinlich
10-15 km/h Wind! – Und wenn ich mir die Baumwipfel genau ansehe , dann ändert
sich der auch einigermaßen schnell! Auch unsere beiden aufgebauten Windfahnen
zeigen mal in die eine und mal in eine andere Richtung!
Aber
egal, nun geht’s erstmal los! – „Ihr könnt euch schon mal auslegen, damit wir
den Morgen gut nutzen können, noch geht’s ja mit dem Wind!“ – also: Packsack,
Gurtzeug, Funkgerät, Schleppklinke und Helm holen, die Handschuhe nicht
vergessen und den Schirm auslegen. Leinen checken, Gurtzeug samt dem ganzen
Zubehör anlegen, sich einklinken, alles ordnen. Eintrittskante ist umgeweht –
„Kann mir mal einer helfen, bitte?“ – endlich alles ok.
„Leute,
da kommen die ersten Seile! Sind zwei Mann fertig?“ – ja, ja, ich bin fertig,
es geht los! „Der erste Flug ist immer zum Wieder-Eingewöhnen, also flieg
erstmal ganz normal, aber achte vor allem auf die Windfahne beim Landen!“ – ja,
klar, weiß ich doch! Jetzt ein Blick zur Windfahne am Startplatz, mmh,
plötzlich leichter Rückenwind „Stefan, wie ist der Wind bei dir?“ (knarz, knack)“Bei mir ist leichter Südostwind“, -
komisch, so unterschiedlich, - aber jetzt passt´s, der Rückenwind ist weg,
„Fertig!“ ---- los geht’s, „Start“!
Immer
wieder herrlich, wenn das Seil mich hochzieht, - schön, wie die Landschaft sich
vor mir ent…- aber stopp, aus dem Funkgerät tönt´s „ Hey, der haut dir nach
links ab, du musst viel früher eingreifen, nun mach schon, mehr Rechts-Steuern!
Noch mehr!“ – und sofort kippt´s mich nach rechts „Eh, das war aber zuviel Zug,
und nicht so ruckartig! Ruhig! Ruuuhig!“ Ok, ja, ich fliege einigermaßen grade
auf die Winde zu, gebe Beinzeichen und fange den Schirm ab, klinke aus und
setze mich ins Gurtzeug, fliege die erste Linkskurve. Der Blick ist
wunderschön, es ruckelt… - „Hey, nun bleib doch mal ruhig sitzen! Nicht so
Rumwacklen!“ – ach, war ich das? Oder der Wind?
Ich
nähere mich dem Landeplatz „Achte auf die Windfahne!“ – ja, welche? Die auf dem
Zelt zeigt was anderes als die auf dem Feld! – Ok, denke ich, ich werde mal so
von rechts einlanden … „Schau auf die Windfahne! Du musst die Landung umstellen!“
– Hä? Wieso? Passt doch!? Oder? „Ich sagte, schau auf die Windfahne!!“ – ja,
doch, aber was denn nun? Rechts oder links? „Aufstehen nicht vergessen!“ – ja,
klar, - huch, da ist ja doch schon der Boden, - Mann, bin ich schnell, „Du bist
noch zu hoch, kannst abachtern“ – Hä? – Nee, ich flieg jetzt dahin, wo ich
denke, dass es gegen den Wind für eine gute Landung geeignet sei ... „Was
machst du denn?? Achte auf die Windfahne!“
Und
mit letztem Blick sehe ich, dass die Fahne gänzlich anders steht und ich doch
irgendwie sehr schnell mit – ja leider – ein wenig Rückenwind einlanden muss.
Dementsprechend haut´s mich auch „aus den Schuhen“, ich falle – es geht aber
alles gut. Verdattert richte ich mich auf und rätsele über das Vorgefallene.
„Tja, Markus, da siehst du mal, was umlaufender Wind ist!“ –
Na
toll! Zerknirscht packe ich mein Sammelsurium zusammen und stapfe zurück zum
Startplatz.
Nachdem
wir wegen des wechselnden Windes den kompletten Aufbau für den Windenschlepp
einmal umgebaut haben – wir starten jetzt an der Stelle, wo frühmorgens die
Winde stand - beobachte ich in der nächsten Stunde die anderen
Anfänger-Piloten: einem nach dem anderen verhagelt der Wind die Landung und
auch beim Schleppen brechen die Schirme immer wieder mal nach rechts oder links
aus – ich höre sogar einmal einen hinterhergerufenen Schrei von Peter (ohne
Funkgerät) :“Was machst du denn? Mann, das wäre fast ein Lock Out gewesen!“ –
Immer wieder dreht sich unser Fluglehrer zu uns am Boden Sitzenden um und
erläutert, wie und warum der Wind ständig die Richtung wechselt. Ich lerne dabei
etwas von den Besonderheiten dieses Geländes, vom Talwindes des Siegtals, vom
Lee einer hohen Baumreihe und von deutbaren Wolkenbildern. Auf einer weit
entfernten Anhöhe analysieren wir die Informationen, die uns die großen
Windstromräder geben, die sich doch tatsächlich in unterschiedlichen Richtungen
drehen! „Umlaufender Wind“ ist also tatsächlich etwas sehr Verunsicherndes und
mitunter Gefährliches, da einfach schwer einzuschätzen. Mike rätselt wegen
seiner Ruckel-Erfahrungen beim Fliegen in der Höhe, ob der umlaufende Wind dort
auch zu finden sei.
Schließlich
aber hören wir : „So, es reicht! Für jetzt hören die Flugschüler auf, ihr macht
Pause, es sind einfach zu schwierige Bedingungen und ihr seid überfordert!“ Murrend und etwas enttäuscht nehme ich meine
Sachen und entscheide, dann also Pause zu machen.
Nun
nimmt uns das Scheunencafé mit seinem verlockenden Kuchenagebot mit offenen
Armen auf. Weiterhin über den Wind rätselnd und fachsimpelnd setzen wir uns an
einen langen Tisch und beobachten nun die „Freiflieger“, deren Stunde jetzt
schlägt: sie haben die Winde und den umlaufenden Wind für sich allein! Aber
auch die brechen nach nicht allzu langer Zeit ab und gesellen sich zu uns.
Im
Laufe des Tages haben wir die Winde noch einmal umgebaut und sind wieder von
der ursprünglichen Stelle aus gestartet. Ab etwa 16.30 Uhr legte sich der Wind
deutlich und sofort durften wir Schüler wieder fliegen. Und diesmal klappte es
viel besser! Es gab zwar einige kleine Thermikbarte, die sich positiv – oh
schön, es geht rauf! - wie negativ – ah ja, was mache ich denn jetzt mit diesem
unruhigen Flug? – bemerkbar machten, aber im Großen und Ganzen versöhnten wir
uns wieder mit uns und unserem Könnensstand, denn wir konnten die geforderten
Flugaufträge einigermaßen umsetzen. Und auch die grobe Landeeinteilung klappte
wieder!
So
klang dieser Tag mit dem widerspenstigen umlaufenden Wind doch ganz zahm und
ruhig aus und bescherte einigen Fliegerinnen und Fliegern noch wunderschöne
„Sun-Downer“. Jedenfalls fuhr ich sehr glücklich und zufrieden nach Hause! Und
wie immer tragen mich diese Erlebnisse durch die Woche, indem
ich mich immer mal wieder nach Oberhövels „weg-träume“!
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